Archiv 2004: Wilm Weppelmann „Die Kunst in sich zu wohnen“

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„sterben kommt. szene_wilm weppelmann“ Hrsg. Museum für Sepulkralkultur Kassel 2004

Supplement zum Katalog # Wilm Weppelmann „Die Kunst in sich zu wohnen“ ISBN 3-924447-27-6  # Texte: Wilm Weppelmann # Illustrationen „Die Kunst in sich zu wohnen“_ Rüdiger Pfeffer

alle Rechte vorbehalten – Wilm Weppelmann

Raum greift aus uns und übersetzt die Dinge.
Dass dir das Dasein eines Baums gelinge,
wirf Innenraum um ihn, von jenem Raum, der in dir west.
Rainer Maria Rilke

Drei Textabschnitte aus dem Supplement:

I Strasse

Straßenschild mit Straßennamen – der eigene Name ist Ort genug
Textilgeschäft – eine Versammlung der zweiten Haut
Schaufenster – nun wissen wir in etwa was uns drinnen erwartet
Fenster – der Spalt nach Außen kommt von Innen
Straßenbahnhaltestelle – Sammelpunkt für Ziele
Hinweiszeichen Fußgängerüberweg – Hinweis für den Überlebenswillen
Handzeichen – Hand anlegen an Missverständnissen
Motorrad – der kleinste Widerstand ist rasch am Ende
Hutgeschäft – es ist gut, behütet zu sein
Ladenschild – das Bekenntnis von merkantilem Willen
Versicherungsbüro – der Durchschnitt im Schicksal ist berechnend
Kaufhaus (Warenhaus, Magazin) – die Brandung von Überfluss
Fußgängerlichtzeichen – Transfer in Gruppen
Kinoplakat – der Star zum Leitschema der Sehnsucht
Straßencafé – bequem im Draußen
Taxi (die Taxe, schweiz. der Taxi) – Individualverkehr mit Fahrer
Taxischild – frei, nicht frei, so einfach ist das
Verkehrszeichen „Taxenstand“ – die Welt verlangt kleinste Zuordnungen
Taxentelefon – direkt zur Stelle
Postamt – Verteilung von Bezüglichkeiten
Werbeplakat – wer wirbt für das Leben
Stadtplan – meist wissen wir nicht einmal, wo wir selbst sind
Papierkorb – Ordnung hat seinen Abfall
Gully – der Weg nach unten ist eigentlich offen
Eingang – wir müssen hindurch, um wieder herauszukommen
Blumenkasten – eine ganze Kiste sichere Welt
Passant – er möchte nicht wissen, dass er nur irgendwer ist
Straßenkehrer- löscht unsere Spuren für den nächsten Tag
Straßenbesen (Kehrbesen) – mit Abstand zum Haufen
Abfall (Straßenschmutz, Kehricht) – alles verlorene Wertschätzungen
Fußgängerüberweg – Furt zum Überleben
Straßenbahnfahrplan – wenn wir pünktlich kommen, stimmt der Fahrplan
Fahrscheinautomat – dann sind wir berechtigt den Ort zu verlassen
Verkehrspolizist – Mensch ordnet Menschen
weiße Ärmel – so fällt Schmutz mehr auf
Motorradfahrer – der Körper schnellt mit dem Dazwischen
Straßenbahnzug – gehört in eine Richtung
Möbelwagen – nimmt die Innereien mit
Fußgängerwegmarkierung – Anbahnung zum Wildwechsel
Ampelmast – für jeden vom Boden abgesetzt
Sonnenschirm – darunter schweigt das Licht
Niedergang zu den Toiletten – der eigene Körperabfall riecht nicht besser
Taxistand (Taxenstand) – dienstbar abwarten
Einordnungspfeil „links abbiegen“ – um die Richtung zu finden, muss man das Ziel wissen
Einordnungspfeil „geradeaus“ – das Leben ist kein Umweg
Zeitungsverkäufer – schlechte Nachrichten bestimmen den Erfolg
Parkuhr – ganz so einfach lässt sich das Leben nicht abstellen
beleuchtete Schautafel – wegschauen ist nicht gefragt
Legende – wenn doch überall dabei stehen würde, was es bedeutet
Straßenlaterne – Dunkelheit wird rar
Schaufensterauslage – Lockstoffe für den Geldbeutel
Schaufensterdekoration – es scheint überflüssig
Leuchtreklame – man will etwas von uns
Schneiderwerkstatt – wäre doch auch der eigene Körper passend zu machen
Einkaufstasche – einverleibt und sicher zum Ziel

Straßenbahnschienen – Lebensbahnen, um nicht aus den Schienen zu springen
Haltestellenschild – hier ist ein Weg nach dort
weiße Mütze – der Kopf wird höher
Beifahrerin – Lendenfassung
Buchhandlung – Kaufen gleicht Wissen
Schaufensterfront – der Geschmack wechselt zur Zeit
Reklametafel – öffentliche Erhebung
Beflaggung – graphische Zuordnungshelfer
Leuchtreklame – Licht zum Lesen
Straßenüberführung – die Reibungslosigkeit ist gewährleistet
Straßenbeleuchtung – wir sehen auch nachts miteinander
Haltlinie – davor ist Vorsicht
Verkehrsampel – Farbstellungen mit Risikoindex
Lichtzeichenanlage – Wechselspiel mit Dunkelheit
Telefonzelle – diskrete Sprechkapsel
Fußgängerzone – ungefährdetes Flanieren
Sitzgruppe – die Möbel stellen sich sozial auf
Zigarettenautomat – schädlicher Mechanismus
Litfasssäule – eine runde Sache für alle
Fahrbahnbegrenzung – Grenzlinien sind einladend für Übertretungen

II Schlüssel

Schlüsselloch – je kleiner der Blickwinkel umso schneller wird etwas Geheimnis
Türschloss – die Existenzberechtigung des Schlüssels
Zylinderschloss – moderne Angst
Arretierstift – Spielverderber
Bart – in Rätseln angepasst
Führungszapfen – ausrichten auf das Ziel
Griff (Räute) – Dreh- und Angelpunkt
Riegel – das eigentliche Hindernis der Öffnung
Schaft (Halm) – mit handsamer Verlängerung
Schlüssel schlüssig zum Ende
Sicherheitsschlüssel ein Beitrag zum Erschließen von Problemen
Zylinder – Sesam öffne dich
Falle – Schnellverschluss
Feder – vorschnell
Schlossblech – Codeschutz
Nuss – subtiles Schlagstück
Zuhaltung – der innere Widerstand
Zuhaltungsfeder – angelehnte Kräfte

III Tür

Treppengelände – richtungsweisend Halt finden
Türschloss – die Macht der Abgrenzung
Eingangstreppe – Aufgang ist auch Abgang
Kopfriegel – das Brett vor dem Kopf
Querriegel – verbindendes Querdenken
Sturz – der Kopf ist knapp darunter
Treppenabsatz – Ausbreitung des Schritts
Türknopf – mit verschlossenem Knopfloch
Türpfosten – zwischen Himmel und Erde
Türrahmen –  jede Öffnung hat eine Fassung
Türzapfen – Loch stopfen
Wetterschenkel – wetterwendische Absicherung
Windfang – Vorspiel
Hausnummer – ein Ort, der zählt
Haustür – hineingehen um wieder hinauszugehen
Mittelpaneele – Füllstoff
Schwelle – Übertretung zum Leben
Sprosse verzweigt für das Ganze
Treppe höhere Zielsetzung
Treppenstufe – Stapfanhebung
Türklinke – zur Überraschung mit Hebelwirkung
Türschelle – Laut nach innen

weitere Abschnitte:

IV Diele

V Wohnzimmer

VI Küche

VII Kinderzimmer

VIII Schlafzimmer

IX Balkon

X Abort

XI Garten

XII Keller

Supplement zum Katalog # Wilm Weppelmann „Die Kunst in sich zu wohnen“ ISBN 3-924447-27-6  # Texte: Wilm Weppelmann # Illustrationen „Die Kunst in sich zu wohnen“_ Rüdiger Pfeffer  – 16 Seiten – Hrsg. Museum für Sepulkralkultur Kassel 2004 – alle Rechte bei den Autoren

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