Archiv 2010: „The Hunger Garden I“ Weingarten

Das Archiv von Wilm Weppelmann: 2010

„The Hunger Garden I“ eine Installation  von Wilm Weppelmann

mit Abschlussperformance 19.9.2010 „thinking fat “ und Hungersuppe

Weingarten (Württemberg) 13. Juni bis 19. September 2010

Literaturhinweis: „WeinGARTEN – Künstlergärten in Weingarten“ Katalog zur Ausstellung , Stuttgart 2010,   ISBN  978-3-940322-03-6

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THE HUNGER GARDEN I # by Wilm Weppelmann # ingredients: water # soil # sand # maize (Zea mays L. ssp. mays) # rutabaga (Brassica napus subsp. rapifera) # the man, who thinks fat # the gardener shed and the hunger . a growing story # finissage . who knows what hunger means may eat # and trust # Weingarten Gartenstrasse Germany 13.6. – 19.9.2010 www.gardenstreet.de No 2 # 2010

Wilm Weppelmann zu seiner Installation: „Es war sehr schnell klar, das ich quer gegen jede Gefälligkeit und der architektonischen Laufrichtung, dem Stadtgarten an der Gartenstrasse in Weingarten einen Fremdkörper einpflanzen und eine Wunde beibringen wollte. Eine Nutzpflanzenkultur (zwischen gestern, heute und morgen) sollte wieder mitten in städtischer Welt eine fruchtbare Heimat finden, im wahrsten Sinne des Wortes ein behauster hungriger Garten, ohne Tor, Zaun und schützender Abgrenzung zur Stadt hin, das ganze Leben konnte hineinbranden also verwundbar. Ich konzentrierte mich auf zwei Pflanzen, die Steckrübe und den Mais. Die Steckrübe (Brassica napus subsp. rapifera) steht für eine “Hungergeschichte” in Deutschland, während und nach den zwei Weltkriegen musste die Steckrübe die leeren Mägen füllen. Der Winter 1917/18 ging als Steckrübenwinter in die Geschichte ein. Der Mais (Zea mays L. ssp. mays) verbindet sich mit dem Hunger (und Durst) von heute und morgen. Der Mais ist die Angst Afrikas (Die Zeit 18.8.2004) und in vielen Ländern das beherrschende Grundnahrungsmittel mit einer besonderen politischen Sprengkraft. Die Diskussionen über die Klimakatastrophe, Gentechnik, Energiepflanzen, Biokunststoffen und Agrarinvestments decken den Hintergrund für die Hungerkatastrophen des 21. Jahrhundert auf.“

Wo isst der Hunger? – eine Spurensuche
Notizen von Wilm Weppelmann

# Nein, er scheint nicht bei uns zu Hause zu sein, oder ist dort Hunger, wenn mal, ab und an, leicht der Magen grummelt ? Nein, ich meine den sterbenden Hunger, in der Nachbarschaft ist er vermutlich auch nicht, die Menschen sehen eher zu fett aus oder gibt es einen fetten Hunger? Zudem findet man an jeder Ecke Tankstellen der Gefräßigkeit, und für die Geldzufuhr, der notwendigen Zugangsvoraussetzung mit der man Tag und Nacht seinen Essgelüsten nachgehen kann, ist recht sicher gesorgt. Der Regalnachschub klappt wie am Schnürchen, aus den fernsten Winkeln dieser Welt werden über Nacht verderbliche kleine Fruchtbeerchen herbeigekarrt. Also 2300 Kilokalorien müsste eigentlich jeder hier in Mitteleuropa ergattern können. In diesen Breitengraden ist der Hunger scheinbar nur Geschichte oder ein launiges kurzweiliges Wohlstandsfastenintermezzo, oder wollen wir da etwas übersehen? Haben die eigenen rosa Fettaugen den Blick verstellt, ja, hat man überhaupt Lust, den Hunger als Thema anzunehmen, wenn man Jahr für Jahr seinen Bauchgürtel weiter öffnet, um Platz zu schaffen für eine neue Fettrunde. Statt Hunger-, eine Fett- und Zuckerkatastrophe, eine unmäßige Gier, das ist wahrscheinlich unsere allerliebste ureigene sinnes- und verstandesverwirrende Luxustragödie. Aber es scheint nicht klar zu sein, dass wir die Welt mit- und wegessen. Was wir auf dem Teller und auch woanders zu viel haben, anhäufen und wieder wegwerfen, kommt nicht aus dem Nichts, wird oft mit derselben Gier produziert, wie es konsumiert wird, und hinterlässt einen Flächenbrand sozialer, ökologischer Katastrophen, aber dankenswerterweise vielfach außerhalb der eigenen nationalen Sichtweite. Da stehen wir vor dem Spiegel, sehen nur uns selbst und das reicht vielen aus, um großzügig über das Ausmaß der Verantwortlichkeit hinwegzusehen. Mehr als 900 Millionen Menschen sind von Hungersnot gezeichnet und das ist unser aller Hunger. Die Welt ist zusammengewachsen in einem unheilvollen mehrdimensionalen Dominoeffekt. Häufungen von kleinen Ursachen haben große Wirkungen. Machen wir uns nichts vor: Die Veränderungen im Weltklima hat auch mit dem fünften T-Shirt im eigenen Kleiderschrank zu tun. Eigentlich haben wir genug Essen für alle, und das ist der Hohn, wenn wir dann ohne einen Augenaufschlag humanitäre Katastrophen, wie in Darfur oder in der Sahelzone, einzig mit einer Cola vor dem Fernseher quittieren. Das Zitat vom Mc Donalds Gründer Ray Kroc „Des einen Mannes Hunger, ist des anderen Mannes Fest“ (aus: Ray Kroc „Grinding It Out: The Making of McDonald’s” 1990) ist von einer humanitären Einsicht meilenweit entfernt und rührt trotzdem den innersten Kern auf:

Der Hunger isst mit uns am gleichen Tisch … wir haben alle Freiheiten unsere Verantwortung wahrzunehmen!

Abschlussweingarten19.9.2010 Abschluss Weingarten:  Ernte und Hungersuppe „wer weiß was hunger ist, mag auch essen“

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